Sonntag, 30. August 2015

Urlaubgespräch

... und wie war der Urlaub?
Genial. Toll. Was willst Du hören.
... hat's Dir gefallen? Hast Du Dich erholt??
Schwierig zu sagen. Es waren schöne Erlebnisse. Vor allem die Fahrt mit dem Submarine. Das war ein echtes und unerwartetes Highlight. Zur Erholung bin ich nicht in Urlaub gegangen.
... aber das war ja nun nicht ganz billig. Hat sich's denn gelohnt.
Ja wir wollten mal wieder Argentinien sehen. Wir wollten Pinguine, Wale sehen und Fleisch essen. Das hat fast alles geklappt.
... aber der lange Flug.
Ja das stimmt. Hmmm eigentlich ist es eher  die Zeitumstellung. Das hat aber gut in diese Richtung funktioniert. Ich hab praktisch nichts davon gemerkt. Und 15h kann man auch innerhalb von Deutschland über Nacht unterwegs sein.
... stimmt schon. aber der lange Flug ist doch ein ganz schöner Aufwand.
Ja. Die Energiebilanz ist nicht optmal. Da hab ich keine befriedigende Antwort drauf. Es musste dieses Jahr Argentinien sein. Ehrlich gesagt haben wir noch nie auf die Energiebilanz gekuckt, wenn ein Urlaubsziel festgelegt war.
... dann willst Du auch jetzt nichts von schlechtem Gewissen hören?
Nein, nerv' mich damit nicht. Den Leuten hier ist es recht, dass jemand aus Übersee kommt und Geld ausgibt. Und das haben wir schon gemacht. Ich hoffe, dass unser Organisator auch einiges davon hier lässt. ... Ich denke schon, wenn ich nur die Preise hier so anschaue.
... und was denkst Du von dem Schwellenland ... oder was das hier ist ...
Ja das ist schwierig. Argentinien ist wahrscheinlich das europäiste von den südamerikanischen Ländern. Wir haben uns nirgends unsicher gefühlt und ... Elend bekommt man in deutschen Städten mindestens genauso zu sehen.
Gut ... in BA liegen ab und zu Decken rum. Mal mit jemandem der dazwischen liegt, mal scheint das nur die Markierung für das "Haus" zu sein. Was auch noch auffiel waren die Müllsortierer. Abends scheinen sie den neuen Müll aus den Mülltonnen zu durchsuchen. Am Ende ist er in großen weißen stabilen Säcken.
Dann noch die Autofensterputzer an den Kreuzungen bei Rotlicht. Die vielen Zeitungs-, Blumen-, Helado-Stände sind wahrscheinlich auch Zeichen dafür, dass nicht viel "Soziales Netz" da ist.
Aber in Puerto Madryn und Puerto Piramides habe ich nur zwei... offensichtlich Trinker ... auf der Straße gesehen.
... Du bist dafür ja auch der Fachmann.
Stimmt, bin ich nicht. Die Anzahl der streunenden Hunde macht mich schon ein wenig nachdenklich. Man muss als Touri nur ein wenig spazieren gehen, schon wird man von einem Hund adoptiert.
... Adoptiert??
Ja, plötzlich merkt man, dass nochmal jemand den gleichen Weg hat. Die meisten machen das sehr unauffällig. Ein Außenstehender wird aber denken: "der Hund gehört dazu". In Madryn hatten wir morgens einen netten. A. und S. haben ihn Dulce de Leche genannt. Man verfolgt dann die Strategie: " Kümmer Dich nicht um ihn, dann wird er schon irgendwann das Interesse verlieren".
Das ist natürlich genau das Gegenteil von dem, was der Hund will oder ihm gut tut. Aber ... weiß auch nicht. Eigentlich tut er mir leid, aber ich habe keine Lust und bin auch nicht hergekommen um mich um streunende Hunde zu kümmern.
... herzloser Tropf.
Jupp, genau. Muss ich aushalten.
Die Argentinier halten das im Übrigen auch gut aus. Genau ... und so geht das auch mit "dem Elend" in der Welt.
Ich denke, ich habe nicht nur privilegierte gesehen und finde, dass die Leute hier ihr Leben ganz gut meistern.
... woher weißt Du das. Du siehst nicht in die Fabriken, Bauernhöfe, Schulen und Wohnungen.
Richtig und da will mich wahrscheinlich auch gar keiner sehen. Die mögen hier die Voyeure genauso wenig, wie wir irgendwelche Ami-Touris oder Japaner ständig durch unsere Hinterhöfe spazieren haben wollen.
Man bekommt die Freizeit Argentinier mit. Wie sie sich heraus putzen und zum Matedrinken mit Freunden oder Familie an die Promenade setzen.
Wie sie auf der Verkehrsinsel Fußball oder Volleyball spielen. im Autokorso am Sonntagabend die Uferstraße hoch und runter fahren.
Die Nicht-Freizeitargentinier sind in den Hotels oder Lokalen angestellt und auch nicht anders als bei uns.
... ich finde das reichlich oberflächlich von Dir. Zum Einen trägst Du extrem zur Erderwärmung bei, störst die armen Wale und lässt Dich privilegierten Geldsack durch die Gegend kutschieren. Was Du mit dem Geld, das Du dafür ausgibst, sinnvolles hättest tun können.
Upps. Jetzt wird die Welt verbessert.
Ist es nicht besser wenn ich mein Geld dann hier ausgebe, als dort, wo's nicht so dringend gebraucht wird. Und soll die hiesige Wirtschaft lieber die Wale für Japan zerlegen?
Ich tendiere dazu, mich von Deinen Fragen nicht weiter verunsichern zu lassen. ... Klar wir sind privilegiert. Auch zuhause. Wir haben prima Jobs, die uns Spaß machen. Genügend Freizeit und auch das Geld, sie mit Aktivitäten zu füllen, die Spaß machen und uns erfüllen.
Ist das schlecht? Zumindest ist es legal.
... aber auch legitim?

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