Samstag, 29. August 2015

Tag 9, Strand und abendliches Whalewatching

Unser Reiseprogramm war jetzt eigentlich abgearbeitet. Wir hatten noch einen freien Tag in Puerto Piramides.

Gestern waren wir schon ein Stück an der Entsalzungsanlage vorbei in Richtung Süden gegangen. Heute wollten wir daraus eine längere Wanderung machen.
Diesmal waren keine Reiter am Strand.
An den Bootstraktoren vorbei, ging's zu dem kleinen Haus mit dem ominösen Brummen. Dann weiter um die Ecke über die Felsen, die diesmal nicht so glitschig waren.

An der Wasserlinie waren einzelne Vögel zu sehen. Ich wollte näher zum Tierleben, also kletterte ich vorsichtig über die braunen, teilweise mit fast gelben und schwarzen Punkten, vielleicht Muscheln, bewachsenen, Fels-Stränge, bis ich bei dem von der Form her wellblechartigen, festgebackenen Sand ankam. Die schmalen etwa 5cm breiten und 2cm tiefen Rillen waren meistens noch mit Wasser von der vergangenen Flut gefüllt. Manchmal stand es auch ein wenig höher in Pfützen oder bildete sogar schmale Bäche. Unsere Schuhe waren aber dicht genug.

Die Möwen waren erstaunlich vorsichtig. Man durfte sich ihnen nicht weniger als 50 Meter nähern. Ich versuchte mit der besseren Kamera im Serien-Modus, ein paar gute Flugbilder zu bekommen.

Wir stapften weiter. Der Sand war mal härter, mal weicher. Es war ein wenig wie eine Wattwanderung. Allerdings gab es viel weniger Leben. Keine Sandhügelchen von Wattwürmern, keine eingegrabenen lebenden Muscheln.

Ab und zu konnten wir eine lebende Minikrabbe sehen. Ansonsten fanden wir alle Arten von Muschelschalen, tote, zum Teil sehr große Krabben und manchmal auch seltsame, lange, dünne strohhalmartige Würmer.
Mit dem Stiefel grub ich eine ganz fest in den Sand ein gebackene Austernschale aus. Das Teil war bestimmt zwei Kilogramm schwer und hatte 4-5 cm dicke Wände. Man konnte, wie Jahresringe an Bäumen, die Schichten erkennen, in denen das Perlmutt darauf gewachsen war.

Hinter'm Strand fraßen kleine Guanacogruppen im Dornengestrüpp. Ganz oben schienen einzelne Tiere aufzupassen, ob die Zweibeiner am Strand dem Rest der Herde zu nahe kamen. Die Minikamele standen zum Teil wie Gemsen in der steilen Felswand.

Weiter hinten in der Bucht waren wieder mehr flache Steinplatten, die von Vögeln bevölkert wurden. Vorsichtig näher gekommen, konnte man die, wie immer vorhandenen, Möwen, ein paar kleinere braune Enten und Austernfischer eifrig mit ihrem roten Schnabel am Picken sehen. Etwas abseits einer größeren Möwengruppe waren auch zwei Seeschwalben an ihrer dunklen Mütze zu erkennen.

Am Ende dieser Bucht klafften tiefe Höhlen, welche die Brandung in den sandigen Fels gegraben hatte. Davor lagen abgebrochene Stücke vom Steilufer, die noch nicht von der Flut weggespült worden waren.

Das Wasser kam so langsam zurück. Wir befürchteten aus der nächsten Bucht nicht mehr trocken zurück zu kommen und beschlossen umzukehren.
Tatsächlich war in der Ferne von Puerto Piramides aus, jetzt auch ein weiterer Mensch mit Hund unterwegs.

O. und ich gingen etwas schneller, A. und S. sich unterhaltend etwas langsamer, zurück. Im Schatten, wieder am Anfang der Bucht angekommen, setzte ich mich auf einen Felsen und schrieb am gestrigen Tag weiter, bis der Mensch mit Hund, bzw. die junge Frau mit dem agilen Wollknäuel vorbei kam. Der kleine weiße wuschelige Kläffer näherte sich mir ganz vorsichtig von hinten. Die Einheimische zog, beim Gassi gehen, dem ruhigen Meeresrauschen deutlich hörbar, das aufgeregte Brabbeln des spanisch sprachigen Radiosenders vor. (bzw. Castellano, kastelschano ausgesprochen, wie die Einheimischen sagen)

Die "Mädels " hatten so langsam aufgeholt. Wir beendeten den Spaziergang mit einer Cerveza Artesanal Roja für S. und mich, Dorada für A. und O. sowie Erdnüssen auf freibadblau angestrichenen, aus Beton gegossenen und trotzdem erstaunlich bequemen Bänken.

Gegen halb sechs beschlossen A. und ich noch einen Café trinken zu gehen. Die Terasse des Restaurants neben unserem Hotel wurde noch von der Abendsonne angestrahlt. Eine extrem nette dunkelhaarige Kellnerin brachte uns zwei Café con Leche. Auf zwei dreieckigen Holzbrettchen mit Walflosse bekamen wir noch Kuchen. Für mich ein Stück leckeren Apfelkuchen, A. wurde mit Dulce de Leche das 1cm dick unter einer Kokosmakrone lag, beglückt.

Die Musik fiel uns noch auf. Ein einzelner Interpret sang abwechselnd spanisch und englisch. Die Kellnerin war ganz begeistert darüber, dass er uns aufgefallen war und erzählte uns mehr von ihm. Sein Name ist Kevin Johansen und er singe entweder wie ein Porteño oder Englisch. Er war wohl mit einem Comicschreiber in der Gegend unterwegs. A. bekam später noch heraus, dass er in Alaska geboren war.

Vom Café aus machten wir noch einen kleinen Spaziergang durch den Ort, an dem Motel vorbei in dem wir vor 18 Jahren abgestiegen waren. Dahinter war die Koppel für die Pferde von gestern eingezäunt. A. musste sie unbedingt zu ihnen gehen. Am Zaun standen die braune Stute mit einem der Fohlen. Die Mutter ließ sich bereitwillig streicheln. Das Kleine legte aber die Ohren an, sobald ich es berührte. Als ich dagegen die Hand ruhig hin hielt, gingen die Ohren wieder nach vorne und es schnüffelte neugierig daran.

Auf dem Rückweg zum Hotel sahen wir, dass ganz nah am Ufer, einige Wale im Oberwasser schwammen. Neugierig stiegen wir wieder rechts am Ufer hoch.
Der Pegel war bis 1 m unterhalb der Steinplatten gestiegen. Eine Walkuh lag flach im Wasser, die Schwanzflosse bewegte sich so gut wie nicht. Der Kopf mit dickem hellem Fleck schwebte fast ständig über der Oberfläche. Das Bild erinnerte mich an die älteren Damen mit Bademütze, die in den Bädern ihre Runden zu schwimmen pflegen.
Die 15 m lange Mammi paddelte, nur mit den Vorderflossen, fast regelmäßige 300 m Runden. Hinter und neben ihr war immer wieder das Kalb zu erkennen. A. meinte, das muss wohl "müde geschwommen" werden.
Nicht weit von den Beiden tauchte immer wieder ein komplett weißer Wal mit seinem Kameraden zusammen auf. Man konnte den hellen Fleck schon unter Wasser kurz vor'm Auftauchen erkennen.
Auch etwas weiter draußen erschienen immer wieder Buckel oder Flossen von  ruhige Wal-Gruppen im Dämmerlicht.

Inzwischen versammelte sich auch die Dorfjugend, mit ihren Handykameras auf der Felsspitze. Das Bild von den friedlichen Walen, die sich, als ob sie im Urlaub wären, ruhig, ohne klaren Zweck, in der Bucht so nah am Ufer bewegten, schien auch für sie ungewöhnlich zu sein.

Es war ein fast magischer Abschluss des Tages. Was war das Besondere? Ich empfand so etwas wie Scheu in der unmittelbaren Nähe dieser friedlichen Riesen, die da in der Abendsonne ihre Runden drehten.

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